Ihre Zusammensetzung, Herstellung, Eigenschaften, Verwendung
A. Naturfasern
Pflanzliche Fasern (Zellulosefasern)
1. Bastfasern aus dem Stängel
Flachs/Leinen (Leingewächse)
Gewebe aus Flachsfasern (Leinen) haben eine geringe Wärmespeicherung, sind „kühlend“, sehr saugfähig, knittern stark, sind wenig elastisch, trocknen schnell, sind nicht sehr weich, aber reißfest, kochfest und laden sich nur gering elektrostatisch auf.
Verarbeitung: Raufen (Ausreißen mit den Wurzeln nach 3 Monaten Wachstum) – Rösten (Rotten zum Lockern der Kittsubstanzen) – Brecheln/Schwingen (Zerbrechen und Entfernen von Holz und Kurzfasern) – Hecheln („Kämmen“ zum Entfernen der Kurzfasern).
Übrig bleiben glatte, lange, mehrkantige Fasern mit Hohlraum, die zu Bündeln verklebt sind.
Die Fasern werden zu Fäden versponnen und heute oft gebleicht und „veredelt“: mit Kunstharzen, Wachsen, Silikon oder Teflon (Teflon ist ein fluorierter KW).
Man unterscheidet Reinleinen, Halbleinen (bis 60% Baumwolle), Siebleinen, Käseleinen u.a..
Zur Herstellung von Kleidung, Taschen, Schuhen, Koffern, Borten, Tapeten, Tischwäsche, Vorhängen,…
Nessel (Nesselgewächse)
Bastfasern aus dem Stängel der Fasernessel, eines Klons der Brennnessel, die zu Nesselgarn versponnen und zu Nesseltuch verarbeitet wurden. Besonders gut eignen sich alte Pflanzen.
Sehr hohe Reißfestigkeit, sehr gute Feuchtigkeitsaufnahme, Bauschfähigkeit, schöner Glanz. Für Kleidung, Fischernetze, Seile.
Im Schwarzwald gibt es wieder einen Hersteller, der Nesselstroh zu Textilien verarbeitet, und zwar als Mischgewebe mit Baumwolle.
Hanf (Hanfgewächse)
Seilerhanf bei Anbau mit großem Abstand, Spinnhanf bei dichter Aussaat. Für
Kleidung, Segeltuch, Netze, Seile. Reißfest, kühlend. Bastfaser aus dem Stängel der Mehrnutzungspflanze.
Problemloser Anbau, jedoch spezielle Erntemaschinen erforderlich. Große Biomasseproduktion, als Dämmstoff im Hausbau keine Gefährdung durch Motten (aber neuerdings durch den Rapsglanzkäfer)
Ramie
„Leinen des Fernen Ostens“. Reißfest und fäulnisbeständig, gute Saugfähigkeit. Für Zwirne, Kleidung, Fallschirmstoffe, Schlauchgewebe, Haus- und Tischwäsche, Riemen und Bänder.
2. Samenfasern aus den Samenkapseln
Baumwolle (Malvengewächs)
Bis zu 6 m hoher mehrjähriger Strauch, der einjährig kultiviert wird. Verschiedene ursprüngliche Arten kommen im subtropischen bis tropischen Baumwollgürtel Afrikas, Amerikas und Asiens vor und wurden unabhängig voneinander in Kultur genommen. In Indien wird Baumwolle seit dem 6. Jahrtausend v.Chr. kultiviert. Wegen des giftigen Gossypol sind die Samen kein Lebensmittel. Seit dem 19. Jahrhundert wird Baumwolle in Europa in großen Mengen verarbeitet. 2004 haben die synthetischen Fasern die Baumwolle mengenmäßig überholt.
Für die maschinelle Ernte auf großen Feldern müssen manche Sorten (vor allem amerikanische) vorher chemisch entlaubt werden. Baumwollkulturen brauchen in der Wachstumszeit viel Wasser, sollen aber in der Reifezeit keinen Regen bekommen – also künstliche Bewässerung und große Mengen an starken Pestiziden sind erforderlich. Großflächiger Baumwollanbau führte u.a. zur Versalzung, Verschmutzung und fast vollständigen Austrocknung des Aralsees, des viertgrößten Sees der Erde.
Heute sind zum Teil gentechnisch veränderte Sorten von insgesamt vier Arten in Gebrauch. Die längsten und damit wertvollsten Fasern liefert Gossypium barbadense (Ägyptische Mako-Baumwolle, Pima-Baumwolle und Sea-Island.Baumwolle), etwas weniger lange Fasern hat Gossypium hirsutum (Upland-Baumwolle).Mikrofasern
Biobaumwoll-Anbau beträgt heute ca. 0,7% der Weltproduktion.
Die Samenkapseln enthalten lange Samenhaare (Linter genannt), die zur Herstellung von Textilfasern genutzt werden. Die kurzen Samenhaare (Lint genannt) dienen der Zelluloseproduktion.
Baumwollfasern sind hautfreundlich, weich, nehmen gut Schmutz und Öle auf, sind reißfest, gut dehnfähig, kochfähig, sterilisierbar, haben ein geringes Allergiepotenzial, sind beständig gegen Laugen (sind also gut und oft waschbar).
Verwendung als Textilien, auch in der Hotellerie, für Fischernetze, Zelte, Planen, als Verbandsmaterial, als Watte; aber auch zur Zelluloseherstellung (für Papier, Kaffeefilter und Papiergeld) – Baumwolle enthält kein Lignin -, für Sprengstoffe und Munition (Nitrocellulose).
Mischung mit Chemiefasern zur Herstellung naturfaserverstärkter Kunststoffe, zB für Autoausstattungen.
Baumwollsamenöl wird als Brennstoff oder in raffiniertem Zustand (entgiftet) als Speiseöl und in der Kosmetikindustrie genutzt. Der Ölkuchen ist Viehfutter für Wiederkäuer, für die das Gossypol nicht giftig ist.
Kapok
Samenfasern des tropischen Kapokbaums, auch Pflanzendaune genannt. Für Polsterfüllungen, Matratzen, Füll- und Isoliermaterial, als Trittschalldämmung. Kapokfasern nehmen kein Wasser auf und sind schwimmfähig.
3. Hartfasern aus Blättern, Stängeln oder Fruchthüllen
Sisal Faser aus den Blättern der Sisalpflanze (Mittelamerika). Reiß- und scheuerfest, widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit. Netze, Seile, Teppiche, Matten, Bindegarn
Jute Faser aus den Stängeln der Jutepflanze (Indien). Verarbeitung ähnlich wie Flachs. Fäulnisanfällig, sondern einen Geruch ab. Verpackungsgewebe, Bespannstoffe, Gurte, Läufer
Manilahanf/Abaca Faser aus den Blättern einer Bananenart (in Mittelamerika). Sehr
reißfest, nicht verspinnbar, beständig gegenüber Meerwasser, Seile, Netze, Taue,
Säcke. Rückstände für Manilapapier verwendbar.
Kokosfaser aus der Fruchthülle der Koskosnuss (Kokospalme). Sehr leicht, elastisch,
bruchfest, beständig gegen Verrottung. Für Seile, Matten, Netze, Teppiche,
Bürsten, Säcke, Polster.
Tierische Fasern (Eiweißfasern)
Feine Tierhaare
Mit Wolle wird meist Schafwolle bezeichnet, Kaschmir kommt von der Kaschmirziege in Tibet, Bengalen und in der Kirgisischen Steppe; Angorawolle/Mohair von der Angoraziege in Vorderasien und Angorakaninchen in Europa; Vikunja, die kleinste, sehr scheue Kamelart in Peru spendet die teuerste Faser der Welt. Kamelhaar kommt von den Haustieren in den Wüsten und Steppen Asiens (Wolle für Decken und Mäntel). Vom Alpaka, dem Haustier der Guanakos in den Hoch-Anden, kommt Wolle, die zusammen mit Baumwolle gewebt wird. Auch das Lama (südamerikanisches Kamel), Yak und andere Tiere spenden wolleartige Haare.
Grobe Tierhaare
Rosshaar (Mähnen- und Schweifhaare von Pferden für Polsterungen, Einlagegewebe, Matratzen, Bezug für Geigenbögen),
Rinderhaar, Ziegenhaar und andere
Kokon-Fasern
der Maulbeerspinner-Raupe: Maulbeer-/Zuchtseide (Bouretteseide, Chiffon, Crepe de Chine, Crepe Georgette, Crepe Satin, Damassé, Duchesse, Organza, Pongé, Satin, Taft, Twill)
der Tussah-Raupe: Tussah-/Wildseide (Dupion-, Shantung-Seide), gröber, noppig, ungleichmäßig
Seide hat die feinste Faser (zwei im Querschnitt fast dreieckige Fasern aus Fibroin, umgeben von Serizin/Seidenleim), ist kühlend und wärmend, nimmt gut Feuchtigkeit auf, ist sehr hautfreundlich, gute Festigkeit, sehr gute Elastizität, knittert wenig, geringe elektrostatische Aufladung.
Verarbeitung rein oder zusammen mit Wolle, feinen Tierhaaren oder Leinen.
B. Zellulosische Chemiefasern
Aus Holz gewonnene Zellulosefasern/Viskose-Regeneratfasern
Viskose
Zellstoff wird in Natronlauge und Schwefelkohlenstoff zur spinnbaren Masse gelöst und im Nassspinnverfahren zur Faser gesponnen. Sehr saugfähig, knittert, hautfreundlich, geringere Nassfestigkeit.
Modal
Modifiziertes Viskoseverfahren mit anderen Chemikalien, verbesserte
Nassfestigkeit.
Cupro
Zellstoff wird in Kupferoxid und Ammoniak gelöst
Lyozell
Zellstoff wird in Aminoxid und Wasser gelöst. Umweltfreundliches Verfahren: ungiftige Chemikalien, Rückgewinnung der Chemikalien und des Wassers. Hohe
Festigkeit.
„Bambus“
Fälschliche Bezeichnung für aus Bambusholz gewonnene Viskose
Aus Holz gewonnene Zelluloseazetat-Fasern/Viskose-Derivat-Fasern
Acetat, Triacetat
C. Synthetische Chemiefasern
meist aus Erdöl gewonnene synthetische Polymere von Kohlenwasserstoffen, die in Chemikalien gelöst und dann mittels Spinndüsen zu Fäden gesponnen werden.
Polyester-Faser
Hhitzebeständig, hohe Festigkeit und Elastizität. Wetterschutzkleidung, Planen, Segel, Bauschgarn, Vorhänge, Polster- und Deckenfüllungen, Wattierungen. Für Bekleidung oft Mischungen mit Baumwolle und Wolle.
Polyamid-Faser
Sehr hohe Festigkeit, hohe Elastizität. Feinstrumpfhosen, Futterstoff, Badekleidung, Skibekleidung, Wetterschutzkleidung. Hohe elektrostatische Aufladbarkeit. Hitzeempfindlich. Mischungen mit Wolle, Baumwolle und anderen Chemiefasern.
Markennamen: Nylon, Perlon, Tactel
Polyacryl-Faser
Polyacrylnitril-Faser. Wollähnlich, wärmend. Pullover, Decken, Pelzimitate, Decken, Möbelstoffe, Bodenbeläge, Markisen. Mischungen mit Wolle.
Markennamen: Dralon, Orlon, Dunova, Dolan, Wolpyla
Polypropylen-Faser
PP ist ein Abfallprodukt der Rohölprduktion. Keine Wasseraufnahme, guter Schweißtransport, gute Nassfestigkeit, unverrottbar. Sportwäsche. Outdoorkleidung, Teppiche, Badezimmertextilien
Polyvinylchlorid (PVC)
Chemikalienbeständig, wärmend. Rheumaunterwäsche.
Polyurethan/Elasthan
Sehr gute elastische Dehnung, gute Reißfestigkeit, gute Waschbarkeit. Mit Polyamid für Miederwaren, Badekleidung, Stretchtextilien.
Markennamen: Elastan, Dorlostan, Spandex, Lycra
Polytetrafluorethylen/Fluoro
Wasserabweisend, chemikalienbeständig. Als Memban zB in Gore Tex. Mit allen problematischen Eigenschaften der fluorierten Kohlenwasserstoffe.
Aramide
Aus Polyamid hergestellte technische Textilien und Schutzkleidung, zB Nomex, Kevlar, Twaron
Mikrofasern
Synthetische Fasern, die feiner als Seide sind, für Fleece, Wetterschutzkleidung und „Funktionstextilien“.
Synthetische Chemiefasern brauchen zwar keinen Ackerboden und keine Pestizide, haben aber dennoch einen großen ökologischen Rucksack (Wasser- und Energieverbrauch) und haben u.a. den weiteren Nachteil, dass bei mechanischer Beanspruchung, Alterung und beim Waschvorgang von den Textilien kleinste Teilchen abgeschilfert werden können, die in den Boden bzw. ins Abwasser, in die Nahrungskette und schließlich ins Meer gelangen und dort zum bekannten Problem des Mikroplastik beitragen.
Naturfasern dagegen werden oft durch ihre „Ausrüstung“ und „Veredelung“ mit Kunstharzen, Formaldehyd und anderen Chemikalien zum Problemfall.