Bohne, Mais und Kürbis werden von den Indianervölkern Mittelamerikas „Die drei Schwestern“ genannt. Sie waren für Tausende von Jahren ihre Grundnahrungsmittel. Heute sind die Drei Schwestern – trotz des ganz anderen Klimas und anderer Ernährungsgewohnheiten – auch aus Mitteleuropa nicht mehr wegzudenken.
Die Buschbohnen-Kulturen leiden immer unter der August-Nässe, die uns im „Garten der Vielfalt“ in den letzten Jahren zu schaffen gemacht hat. Vor allem die Busch-Trockenbohnen werden dabei stark dezimiert, sowohl die früher reifenden Sorten, die ja ideale Eiweißlieferanten auch für Gärten im raueren Klima sind, als auch die späten und Wärme liebenden Sorten wie die rote Indianerbohne, die es zum Sommerausklang gerne trocken hätte.
Die Stangenbohnen dagegen, die wegen unseres Arbeitsrückstands im Mai meist sehr spät gesetzt werden, freuten sich im letzten Jahr über die Juli-Hitze und die Septemberwärme, schüttelten den August-Regen ab und reiften recht gut aus.
Bohnenspiele. Die Stangenbohnen sind meine Lieblinge (aber natürlich nicht meine einzigen Lieblinge….) unter den Nahrungspflanzen. Als Kind waren die bunten Samenkörner von Phaseolus vulgaris ein begehrtes Spielzeug und sie zu immer wieder neuen Kombinationen anzuordnen war eine faszinierende Beschäftigung. Als ich vor vielen Jahren im „Garten der Vielfalt“ mit dem Gärtnern begonnen habe, lebte das Bohnenspiel in neuen Variationen wieder auf.
Bohnen sammeln. Denn nicht wie damals in den Kindertagen sind heute bunte Bohnen unterschiedlichster Eigenschaften leicht verfügbar. Vor dem Bohnen-Bestaunen kam daher das Bohnen-Organisieren, in welcher Disziplin ich bald brauchbare Fertigkeiten entwickelte. Um bestimmte Bohnenkörner zu ergattern, beehrte ich sogar manche entfernte Verwandte zu deren Erstaunen mit einem seltenen Besuch.
Bohnenstangen. Ich lernte, dass Stangenbohnenpflanzen frostempfindlich sind und daher in unserem Gebiet frühestens (aber auch nicht viel später, will man Trockenbohnen und reifes Saatgut vor dem ersten Frost im Herbst ernten) am 1. Mai in die Erde kommen. In den Wochen davor werden mit Hilfe der eisernen „Klarstange“ (Setzstange) die Löcher für die Bohnenstangen in die Erde geschlagen, die tief genug sein müssen, dass die bis zu vier Meter hohen Stangen mit ihrem oft schweren Behang dem Wind Monate lang, bis in den Oktober hinein, trotzen. Die „Klarstange“ ist ein sehr funktionelles altes Werkzeug und Löcher zu bohren ist mit ihrer Hilfe keine schwere Arbeit.
Gute Bohnenstangen haben eine raue Oberfläche, kurze Astreste und sind möglichst schlank, damit die jungen Pflanzen gut und gerne hinauf klettern. Am besten eignen sich junge Fichtenstämme, die beim Auslichten des Jungwalds abfallen.
Nach dem Stangensetzen und Festtreten der Erde unmittelbar rund um die Stange lockere ich den Boden außerhalb davon mit der Grabgabel oder Haue, streue reife Komposterde aus und decke mit Grasmulch ab, bis der Tag des Bohnenlegens gekommen ist.
Viele Ackerränder und Gärten in der Weststeiermark erhalten in den Apriltagen eine lange stolze Reihe an Bohnenstangen: selbstbewusste, zum Himmel weisende Gestaltungselemente in der Landschaft, die den Monat Mai ankündigen und vom Selbstversorgungswillen ihrer BesitzerInnen Zeugnis geben.
Aber auch „Bohnenzelte“ oder andere Konstruktionen aus Holzpfählen, Draht, gespannten Schnüren oder aus aneinander geknüpften ausrangierten dehnbaren Strumpfhosen (So macht es eine Nachbarin mit äußerst gutem Erfolg!), an denen die Pflanzen halbwegs senkrecht hinauf wachsen können (Waagrecht oder bergab mögen sie’s nicht), sind als Kletterhilfen geeignet. Die „herausragende“ optische Wirkung des Gestaltungselementes sollte aber wohl überlegt werden.
Die Bohnenstangen werden nach der Ernte aus der Erde gezogen und stehend, z.B. an einen Baum oder an die Scheunenwand gelehnt, aufbewahrt, um den Verrottungsprozess hintan zu halten. So bleiben sie zumindest einige Jahre betriebsbereit – wobei sie aber Jahr für Jahr ein bisschen kürzer werden.
Bohnen, Boden und Klima. Die Auswahl der Bohnenstandorte ist für uns jährlich Gegenstand kniffliger Überlegungen; denn aus Platzgründen können nur die besonders erhaltenswürdigen Sorten im „Garten der Vielfalt“ vermehrt werden. Wegen des jährlich notwendigen Standortwechsels und der Schattenbildung durch die hohen Reihen bleiben gar nicht so viele Möglichkeiten übrig.
Stangenbohnen sind nicht ganz anspruchslos. Am mit Kompost versorgten Ackerrand fühlen sie sich ebenso wohl wie im halbwegs guten Gartenboden. Staunässe mögen sie gar nicht, gegen Trockenheit sind sie weniger empfindlich, wobei die Sorten recht unterschiedlich reagieren. Während Buschbohnen (als Trockenbohnen und für Saatgut) nasses Sommerwetter schlecht tolerieren, haben Stangenbohnen bei nassem Wetter am geeigneten luftigen Standort die besseren Karten. Sehr viel Sonne brauchen sie nicht, einige Sonnenstunden sind genug. Im rauen Klima werden aber nur Sorten mit kurzer Vegetationszeit ausreifen können bzw. man wird auf kürzer reifende Buschbohnen ausweichen müssen.
Bohnen in der Mischkultur. Die Indianer bauten die Drei Schwestern miteinander an, da sie einander sehr nützlich sind: Die Bohne holt als Schmetterlingsblütengewächs den Stickstoff in den Boden, der Kürbis beschattet den Boden und hält ihn damit feucht, kühl und fruchtbar – und der Mais dient als Bohnenstange.
In unserem Nachbarland Slowenien habe ich diese kluge, Arbeit und Platz sparende Mischkultur auf kleinen, händisch bearbeiteten Äckerchen mehrfach gesehen. Auch in der südlichen Steiermark, wo die Drei Schwestern schon lange zu Hause sind, war sie bis vor wenigen Jahrzehnten verbreitet.
Vor allem die Maisbohne, eine kleine weiße, kurz reifende und recht bekömmliche Trockenbohne, die nicht besonders hochwüchsig ist, wurde an die Ränder der streifenartigen Maisfelder gesetzt, wo sie genug Licht hatte und leicht geerntet werden konnte – was übrigens meist die Arbeit der Kinder war. Zwischen die Maisstreifen wurden die Ölkürbisse gesetzt, die während des Sommers auch ins Maisfeld hinein „laufen“ durften.
Bohnen vertragen sich schlecht mit Erbsen und anderen Schmetterlingsblütengewächsen, schätzen aber die Nachbarschaft von Bohnenkraut, das die Schwarze Bohnenlaus abhält – wobei diese Wirkung in drei Metern Höhe naturgemäß eher gering ist, aber für die junge heranwachsende Bohnenpflanze einen gewissen Schutz darstellt (wenn das Bohnenkraut so früh gesät bzw. gesetzt wurde, dass es bereits seine ätherischen Öle auszusenden vermag). Die Bohnenlaus belästigt übrigens auch gerne die Kamille.
Die Mischkultur Mais/Bohne, in der der Mais als Bohnenstange dient, bewährt sich in unserem Garten dann, wenn geeignete Partner zusammenkommen und wenn es zeitlich möglich ist, dem Mais genug Vorsprung zu geben. Andernfalls reißt eine starkwüchsige Bohne den jungen und/oder schwachwüchsigen Mais um. Ideal sind relativ niedrig bleibende, zarte Stangenbohnenpflanzen wie die deswegen so genannte Maisbohne und starkwüchsige Maissorten. Mit hoch- und starkwüchsigen Pflanzen wie Kipfler- oder Speckbohnen-Sorten gibt es unterschiedliche Erfahrungen. Jedenfalls gilt: nur eine Bohnenpflanze pro Maisstange!
Die Ernte der grünen Bohnenhülsen (Fisolen; das sind Sorten, die Hülsen ohne Fäden ausbilden) erfolgt laufend. Schön ist es, zur Saisonverlängerung einerseits ganz frühe Sorten zur Verfügung zu haben, andererseits remontierende (mehrmals blühende) Sorten für die Nachsaison – bis nach dem ersten leichten Frost, der die Pflanzenteile hoch oben auf der Stange vielleicht verschont hat.
Grüne Bohnen in der Küche. Fadenlose Sorten eignen sich als köstliches Grüngemüse (Fisolen, Bohnschoten). Hier scheiden sich aber bereits die Geschmäcker: Manche lieben breite weiche „buttrige“ Hülsen, so genannte Butterbohnen, andere zarte runde knackige Hülsen vom Typ „Prinzess-Bohne“. In der Weststeiermark dagegen isst man nur einen Bohnenhülsen-Typ wirklich gerne, die „Kipfler-Bohne“. Die Sorten sind kipfelförmig gebogen, bleiben sehr lange fadenlos und werden erst geerntet, wenn die Hülsen schon kräftige und wohlschmeckende (aber natürlich noch unreife) Bohnenkörner tragen.
Die Hülsen von Trockenbohnensorten dagegen sind dagegen oft fädig und nur im „Notfall“ als Grüngemüse zu verwenden, am ehesten ganz jung und klein geschnitten. Besser ist das wertvolle Lebensmittel aber als reifer eiweißreicher Bohnenkern ausgenutzt. Im Spätsommer und Herbst können die noch nicht ganz reifen „grünen“ Bohnenkerne mit ihrem herrlich nussartigen Geschmack frisch „von der Stange“ verwendet werden, z. B. als Einlage in einer Tomatensuppe, zu der viel Knoblauch und Basilikum in Olivenöl serviert wird.
Diese noch unreifen Bohnenkörner sind nicht lange haltbar, aber zum Tieffrieren gut geeignet.
Bohnenkörner müssen vor dem Verzehr immer gekocht werden, denn rohe Bohnenkerne enthalten den Giftstoff Phasin, der beim Kochen verlässlich zerstört wird.
Die Ernte der reifen Trockenbohnen (Auslöse-, Palbohnen) erfolgt, wenn die Hülsen rascheldürr sind. Bei anhaltend feuchtem Wetter muss man die reif werdenden Hülsen schon davor abnehmen, während in einem trockenen Herbst die Hülsen an der Stange bleiben können, bis Zeit für die Ernte gefunden wird. Die Bohnen werden ausgelöst bzw. vorsichtig gedroschen, im Haus etwa zwei Wochen lang nachgetrocknet und dann in Schraubdeckelgläsern vierzehn Tage lang tiefgefroren.Zum Abschluss des Bohnen-Berichts Die Prozedur ist notwendig, um die Tätigkeit des Bohnenkäfers zu begrenzen bzw. ihn zu eliminieren. Wem das Einfrieren zu energieaufwändig ist, zieht die Stangen mit den Pflanzen und trockenen Hülsen darauf aus der Erde und stellt sie unter Dach im Freien auf (z.B. unter der Scheune). Die Herbst- und Winterkälte reduziert den Bohnenkäfer ebenfalls ausreichend, und die Bohnen werden winter-frisch zur Verwendung aus der Schote geholt.
Am Vorabend ihrer Verwendung werden die Trockenbohnen in Wasser ohne Salz eingeweicht. Mein Verwendungsvorschlag: Weichgekocht als winterlicher Salat zusammen mit Endivien oder Vogerl/Feld/Nüssli-Salat oder echtem Rapunzelsalat (Rosette der Rapunzel-Glockenblume) und evtl. Karotten, mariniert mit Zwiebeln, Apfelessig, Salz und Kürbiskernöl, verziert mit grünen Kräutern aus dem Wintergarten oder vom Fensterbrett. Wer Trockenbohnen zu essen, nicht gewohnt ist, übt die Verdauungsorgane am besten langsam ein und nimmt reichlich Kümmel dazu.
Bohnen vermehren. Trockenbohnen wurden früher auf Größe, Bekömmlichkeit, Ertrag und Klimatauglichkeit regional ausgelesen: Jede Region, ja jede Bäuerin hatte „ihre“ Sorten. Gerne wurden die Sorten miteinander im Gemenge angebaut, da, wie eine kroatische Bäuerin mir sagte, „man ja nicht weiß, was für ein Jahr kommt und welche Sorte gut oder weniger gut gedeihen wird.“
Stangenbohnen sind selbst bestäubend, Wildbienen und andere Insekten kommen meist zu spät – Verkreuzungen können aber ausnahmsweise vorkommen.
Samenbohnen sollten im Winter entweder kalt aufbewahrt werden oder mindestens zwei Wochen lang im Schraubdeckelglas tiefgefroren werden, um die Entwicklung des Bohnenkäfers zu unterbrechen – sonst entfällt die geplante Bohnenvermehrung!
Zum Abschluss des Bohnen-Berichts seien einige der Hauptdarstellerinnen in luftiger Höhe namentlich genannt – in guten Jahren wachsen manche Sorten in der nahrhaften weststeirischen Erde über 3,5 m hoch: Pragerhof (grau-blau), Blaue Wachtel, Trockenbohne Leibnitz (grau), Schöne von Frau Waitzl (schwarz-weiß), Speckbohne (beige-braun), Wachtelbohne (beige-weinrot), Kroatische Breiteste von allen (weiß), Kroatische Riesen (weiß), Kaiser Friedrich (malvenblau), Andrea (braun), Schwarze Kroatische, …