von Marlies Ortner

Ein Komposttoiletten-Thron

 

Kompost- oder Humustoiletten sind Non-WCs (WC = Water Closett): Sie verschmutzen kein Wasser, und sind dennoch hygienisch.

Dass man Fäkalien auch mit noch so viel sauberem Wasser nicht reinwaschen kann, hat sich längst herum gesprochen. Besonders nach den letzten trockenen Sommern gibt es vieler Orts Überlegungen zum Thema „Wassersparen“, – und Humusklos werden Realität.

Der Regen, der die meisten Wasserklosetts direkt oder indirekt speist, fällt vom Himmel. Nicht so die Humusklos – die wollen sorgfältig geplant und gebaut werden. Fachwissen und Erfahrung sind nötig, um nicht nur das technische Funktionieren, sondern auch die gesundheitliche Sicherheit zu gewährleisten.
Denn was das Wasser nicht kann – Fäkalien säubern –, das können die Bodenlebewesen: Sie führen bekanntlich einen biochemischen Abbauprozess durch, der als „Vererdung“ bezeichnet wird. (siehe unten).

Weltweit sind – außer in den „reichen“ Ländern – Komposttoiletten bzw. Trockenklos das Normale. Für Wasserklos fehlen dort nicht nur die Ressourcen, sondern auch das Verständnis.
Humustoiletten sehen auf der ganzen Welt nicht gleich aus – auch wenn sie ähnlich funktionieren. Weltweit gibt es unterschiedliche „Modelle“, die oft bereits seit Jahrtausenden im Einsatz sind. Das Prinzip ist aber immer das gleiche:

Harn und Kot werden mit Hilfe von Luftsauerstoff und aeroben Bodenbakterien vor Ort unter Zugabe von etwas Erde „vererdet“ (dabei entstehen neben Kompost auch Kohlendioxid und Wasser) und nach dem notwendigen Zeitabstand ebenfalls vor Ort in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt..

Was geschieht bei diesem Vererdungsprozess? Ähnlich wie beim „normalen“ Kompostieren werden die organischen Substanzen unter Zugabe von Erde in Humus verwandelt bzw. mineralisiert. Die krank machenden Keime (Pilze, Bakterien, Viren), Wurmeier und andere Darmparasiten werden dabei abgetötet. Unangenehme Gerüche entstehen nicht.

Von Vorteil ist die getrennte Ableitung von Urin: So muss der Kot nicht mit Sägespänen o.Ä. trocken gehalten werden. Der von Natur aus fast keimfreie Urin kann theoretisch direkt – entsprechend verdünnt – als mineralischer Dünger eingesetzt werden, ohne dass er gesundheitlichen Schaden anrichten kann.

Humustoiletten-Typen müssen, damit sie ihren Dienst gut tun, angepasst werden:

  • vor allem ans örtliche Klima,
  • an die örtlichen Gegebenheiten und verfügbaren Materialien für Errichtung und Betrieb,
  • an die gesellschaftlichen Gewohnheiten; sie müssen gegenüber dem bisherigen System ersichtliche Vorteile haben!
  • an die gesetzlichen Voraussetzungen,
  • an die BenutzerInnen-Zahl,
  • an die Grundstücksgröße usw.

Gut geplante, gut gebaute und gut gewartete Komposttoiletten haben nicht nur eine gute Ökobilanz, sondern sind – auch in Krisenzeiten – gesundheitlich sehr sicher und wenig störanfällig. (Das sind WCs im Krisenfall wahrscheinlich nicht.). Sie sorgen für Dünger-Nachschub auf dem Acker (nicht im Gemüsegarten). Die Technologie ist einfach, durchschaubar, billig und transportunabhängig. Gebaut und betrieben werden Komposttoiletten mit vor Ort vorhandenen Materialien. Kurz: Humusklos trotzen der Globalisierung.

Die wichtigsten Sicherheitsfaktoren in gesundheitlicher Hinsicht sind:

  • Dass der direkte Umgang mit und Zugang zu frischen, noch nicht vererdeten Fäkalien nicht nur unnotwendig, sondern ausgeschlossen ist. Auch Insekten und größere Tiere müssen verlässlich „ausgesperrt“ sein.
  • Dass die Rotte möglichst heiß und damit schnell geführt wird. Zusätzliche Wärmezufuhr zum Fäkalienbehälter ist dabei von Vorteil, entweder durch dunkel gestrichene Gehäuse-Metallteile, auf die die Sonne scheint, oder durch Warmluft z.B. aus einem Gebäude oder von einem Mistbeet, oder durch eine Solaranlage. Ständige passive Be- und Entlüftung ist ebenfalls Voraussetzung.
  • Dass nur „alte“, bereits vererdete Fäkalien aus dem Behälter ausgeräumt werden, und der Umgang mit frischen Fäkalien unterbleiben kann und tatsächlich unterbleibt. Dazu ist ein Zwei-Kammer-System notwendig.
  • Dass der Sammelbehälter von außen (außerhalb des Gebäudes) entleert werden kann .
  • Dass Stoffe, die die Kompostierung hemmen, nicht eingebracht werden: Desinfektionsmittel, Medikamente, Chemikalien, Putzmittel, …
  • Dass es nicht zu Faulungsprozessen kommen kann. Dazu müssen die Fäkalienbehälter so gebaut sein, dass immer genug Erdzugabe und Luft vorhanden ist und kein Wasser eindringen kann.
  • Dass die „Komposterde“ nicht im Gemüsegarten aufgebracht wird, sondern abseits vom Wohn- und Nahrungsgarten, z.B. durch einen Zaun von spielenden Kindern und Haustieren getrennt, eine weitere Wartefrist durchläuft, bevor sie unter Sträuchern oder auf Ackerflächen zur Pflanzennahrung wird.
  • Dass alle NutzerInnen gut über Betriebsweise, Vorteile und Risiken informiert sind.

Das gesundheitliche Risiko, verursacht durch den Umgang mit frischen Fäkalien, soll nicht verharmlost werden. Man darf annehmen, dass auch oder vor allem durch den Flächen deckenden Einsatz der Wasserspülklosetts in den reichen Ländern einige weit verbreitete Krankheiten, deren Erreger mit dem menschlichen Stuhl ausgeschieden und die daher durch den Kontakt mit frischen Fäkalien übertragen werden können, eingedämmt oder ganz zum Verschwinden gebracht worden sind: Wurmkrankheiten (Spulwürmer, Bandwürmer), Typhus, Cholera, Salmonellen, Bakterium-Coli-Infektionen, Hepatitis A, Poliomyelitis/Kinderlähmung, Rota-Viren-Infektionen und andere.

Wer sich trotzdem trauen will: Risokominimierung ist im Gegensatz zum Autofahren mit vertretbarem Aufwand möglich. Siehe oben.
Natürlich können gute Humusklos auch im Inneren des Hauses eingerichtet werden – immer den Bauvorschriften entsprechend.
„Zum Üben“ sollten wir beim Selbstbau der Komposttoilette aber im Garten beginnen.

Was sich wo und unter welchen Bedingungen bewährt hat, liest man im Buch „Komposttoiletten“ aus dem Ökobuch Verlag. Pioniere mit viel Erfahrung sind die Schweizer ExpertInnen von Kompotoi, die Komposttoiletten bauen, verleihen und Forschungsarbeit leisten

PS: Es gibt übrigens nicht nur das 3-Liter-Auto, sondern auch die 1-Liter-Toilette. Sie heißt Vakuumtoilette und spart 500-800% Wasser bei jedem Spülvorgang. „Normale“ Toiletten verbrauchen 6-9 Liter bei jedem Spülgang.
Neue Kunststoff-Urinale in modernen Pissoirs kommen ganz ohne Spülwasser aus: mit Hilfe einer Wasser bzw. Urin abweisenden Innenwand-Oberfläche und einer Geruchssperre aus Öl.
Auch die „Trenn-Schüssel“ ist schon erfunden: die Toilettenschüssel, die Urin getrennt auffängt und extra abführt. Direkt in den Komposthaufen?