von Sigrid Drage

 

Wer sich mit Permakultur auseinandersetzt, spürt bald, dass sich dabei alles um eines dreht:
das vielfältige, Beziehungs-intensive Zusammenleben von Menschen, Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen an einem Ort.
Lebensgemeinschaften sind das A und O aller von ihnen bewohnten und genutzten Räume, egal ob es um einzelne Häuser, Siedlungen, Gärten, oder ganze Kulturlandschaften und Ökosysteme geht.
Lebensgemeinschaften, auch Biozönosen genannt, – von bios für Leben und koinos für gemeinsam -, setzen sich aus zahlreichen Individuen unterschiedlicher Arten zusammen, z.B. die Lebensgemeinschaft einer Wiese, eines Waldes, eines Menschen und den Mikroorganismen in und auf seinem Körpern oder die einer Wohngemeinschaft aus Familie, FreundInnen, Haus- und Nutztieren sowie den vielfältigen kleinen und großen Lebewesen in Haus, Garten und im Siedlungsraum.
Die Beziehungen zwischen den einzelnen Individuen einer Lebensgemeinschaft sind wie in Netzen verwoben, in denen es um so essentielle Dinge wie Nahrung, Schutz, Fortpflanzung, Gesundheit, Ressourcennutzung, Fortbewegung und Informationsaustausch geht. Alles steht auf eine Weise miteinander in Verbindung, die dem menschlichen Verstand im Detail nur schwer zugänglich ist. Durch unser Handeln greifen wir aber in dieses Beziehungsnetz ein und manches kann auch schwerwiegende Folgen für das Fortbestehen von Arten, Lebensgemeinschaften oder Lebensräumen haben. Von Seiten der Ethik wurde deshalb das „Prinzip der Verantwortung“ (Hans Jonas, 1979) formuliert, das auch „ökologischer Imperativ“ genannt wird: Handle so, dass die Auswirkungen dieses Handelns verträglich sind mit dem Fortbestand des menschlichen Lebens auf Erden.
Und wir wissen heute aus vielen Quellen, welche unserer Verhaltensweisen für das Überleben auf unserem Planeten besonders schädlich sind und es gibt klare Vorschläge für zukunftsfähige Handlungsweisen (siehe IPCC – International Panel on Climate Change, „Weltklimarat“).

Die Permakultur und ihre zugrunde liegende Ethik wurde schon in den 1970er Jahren von Bill Mollison und David Holmgren formuliert und bezieht sich genauso auf unsere Verantwortung für unseren Planeten und all seine BewohnerInnen:

  • Care for the earth: Für die Erde sorgen
  • Care for the people: Für die Menschen sorgen
  • Faire share: Überschüsse an Zeit, Geld, Energie und anderen Ressourcen gerecht teilen

Heute wird oft von zukunftsfähigem, enkeltauglichem Handeln gesprochen, wobei wir klarerweise eine kollektive Enkeltauglichkeit brauchen, die alle Enkel weltweit einschließt, nicht nur die eigenen.

Was ist Ökologie?
Von „oikos“ für Haus und „logos“ für Lehre hergeleitet, kann der Begriff Ökologie als „Haushaltslehre der Natur“ verstanden werden. Die Ökologie beschäftigt sich zum einen mit den vielseitigen Beziehungen zwischen Lebewesen, die durch den Austausch von Stoffen, Energie und Informationen geprägt sind. Zum anderen werden die Wechselbeziehungen zwischen Organismen und ihrer Umwelt erforscht, die vor allem durch Klima, Topographie, Boden und Wasserverhältnisse charakterisiert sind. Es geht also darum, Lebewesen – ob Pflanze, Mikroorganismus oder Tier/Mensch, – und auch Gruppen von Lebewesen und ihre Lebensräume, als Teil eines Ganzen,

  • Care for the earth: Für die Erde sorgen
  • Care for the people: Für die Menschen sorgen
  • Faire share: Überschüsse an Zeit, Geld, Energie und anderen Ressourcen gerecht teilen

eines sogenannten Ökosystems, zu verstehen. Durch diesen holistischen Ansatz werden die Ausprägungen und Verhaltensmuster einzelner Arten oder Individuen, sowie die unterliegenden Prozesse in einen breiten Kontext gestellt, der eine Vielfalt an Informationen bietet um beispielsweise Fragen nach Produktivität, Gesundheit und Anpassungsfähigkeit zu beantworten. Die Idee und die Methoden der Permakultur basieren auf dem wachsenden Verständnis ökologischer Grundlagen, mit dem Ziel produktive Lebensräume nach dem Vorbild der Natur zu gestalten, zu erhalten und zu nutzen. So Ressourcen schonend, energieeffizient, widerstandsfähig und vielfältig natürliche Ökosysteme ihre Bewohner versorgen, so streben permakulturell handelnde Menschen danach ihre Gärten und Grundstücke zu gestalten, zu erhalten und zu nutzen.

 

Was sind Ökosysteme?
Ökosysteme sind Lebensgemeinschaften zwischen Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen in einem bestimmten Gebiet, die miteinander durch Energie-, Stoff- unWarum Permakultur?d Informationsflüsse in konstantem Austausch stehen.
Ökosysteme haben eine gewisse Struktur und prägende Struktur-Elemente, das heißt sie sind z.B. typischerweise charakterisiert durch viele Bäume wie das Ökosystem Wald oder durch einen großen Wasserkörper wie ein marines Ökosystem.
Die grundsätzliche Ausprägung eines

  • Care for the earth: Für die Erde sorgen
  • Care for the people: Für die Menschen sorgen
  • Faire share: Überschüsse an Zeit, Geld, Energie und anderen Ressourcen gerecht teilen

Systems wird durch rel. stabile Einflussfaktoren wie Klima, Ausgangsgestein, Topographie und dem Alter des Ökosystems geformt. Interaktive Einflüsse wie Ressourcenversorgung, Störungsregime, die Artenausstattung und menschliche Aktivitäten bilden dann die Grundlage für die innerhalb des Ökosystems ablaufenden Prozesse. Das sind z.B. die Produktion von Biomasse, die Nahrungsbeziehungen zwischen den vorhandenen Lebewesen, der stufenweise Abbau toter Biomasse der zur Wiederverfügbarmachung von Nährstoffen und zum Humusaufbau führt, sowie die Speicherung und Verfügbarkeit von Wasser.
Durch diese Prozesse bilden die Elemente eines Ökosystems (Pflanzen, Tiere, Boden, usw.) ein sogenanntes Wirkungsgefüge, das als Gesamtheit funktioniert und sich bis zu einem gewissen Grad selbst erhält und erneuert. Über globale Stoffflüsse deren Transportwege insbesondere über die Atmosphäre und den Wasserkörper laufen ist jedes Ökosystem außerdem auf verschiedenste Arten mit allen anderen Systemen auf der Erde verbunden. Wir sind also eine globale Lebensgemeinschaft.

 

Warum Permakultur?
Gärtnerinnen und Gärtner, Bäuerinnen und Bauern arbeiten sehr intensiv mit der Natur zusammen und brauchen, um die Vorgänge auf den von ihnen bewirtschafteten Flächen zu verstehen, einerseits Naturbezug, Geduld und Beobachtungsgabe, und andererseiWarum Permakultur?ts vor allem Wissen über die pflanzlichen und tierischen Bewohner der Flächen – ihre Bedürfnisse, Lebensbedingungen und Herausforderungen.
Auch ein Garten funktioniert nur durch die vielen nützlichen Beziehungen zwischen seinen BewohnerInnen und Elementen und aufgrund der natürlichen Prozesse die hinter diesen Beziehungen stehen (z.B. Produktion und Abbau von Biomasse, Nährstoff- und Wasserkreislauf, Fortpflanzung, Anpassungen an Umwelteinflüsse, usw.).
Wachsendes Verständnis für ökologische Zusammenhänge ist deshalb die Basis einer naturnahen, biologischen und vor allem zukunftsfähigen Landbewirtschaftung, zu der Kleinflächen wie Balkon- und Terrassengärten genauso zählen wie große Flächen bewirtschaftende Bio-Bauernhöfe.
In der Permakultur werden Gärten und Landwirtschaften als ganzheitliche Systeme betrachtet. Abgeleitet vom Vorbild natürlicher Ökosysteme wollen PermakulturistInnen sogenannte Permakultur-System gestalten und erhalten. Wie in der Ökologie geht es besonders um die Wechselbeziehungen zwischen den Individuen, Arten und Organismengruppen und mit den das Grundstück prägenden Umweltfaktoren. Ökologische Zusammenhänge werden durch diese Betrachtungsweise besser erlebbar und helfen bei gärtnerischen und betrieblichen Entscheidungen.
Eine wesentliche Stärke der Permakultur ist außerdem die sorgfältige Planung von Permakultur-Systemen, wie permakulturell gestaltete Grundstücke unterschiedlichster Größe also genannt werden. Die Planung basiert auf einer Reihe von einfließenden Informationen über das Grundstück und seiner NutzerInnen und einer daraus folgenden Analyse, die letztendlich zur Auswahl der passenden Permakultur-Elemente (z.B. Garten-Elemente), einer sinnvollen Anordnung auf dem Grundstück und letztendlich zur Detailplanung jedes einzelnen Elementes führt.
Permakultur-Gärtnern ist eine bereichernde Erfahrung für uns Menschen, bei der wir auch tatsächlich Einfluss nehmen können auf die Gesundheit unserer Lebensräume: auf kleinen produktiven Flächen vielfältige Ernten einholen und dadurch Ressourcen schonen, sowie naturnahe Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen schaffen und so Städte und Kulturlandschaften bereichern.