von Marlies Ortner
Die Kraut- oder Braunfäule Phytopthora infestans ist ein Pilz, der in ganz Europa seit etwa 20 Jahren grassiert und Epidemien verursacht. Der Pilz überwintert in der Erde, seine Sporen entwickeln und verbreiten sich in feuchter warmer Luft, setzen sich bei hoher Luftfeuchtigkeit, Tau und Regen auf die Pflanzen und dringen schließlich ein.
Hilfreich sind folgende Maßnahmen:
- Anbau unter Dach (Dachvorsprung, Foliendach, …) bei guter Durchlüftung, damit die Pflanzen nicht feucht bleiben.
- Dicke Mulchschichten aufbringen. Die Pilze im Mulch konkurrenzieren den Krautfäule-Pilz (sog. kompetitive Hemmung).
- Unterpflanzung mit Knoblauch und Schnittknoblauch zwischen den Paradeiser-Stöcken.
- Verwendung robuster Sorten (Resistente Sorten gibt es in Wirklichkeit nicht.)
- Möglichst große Entfernungen zu Kartoffelkulturen und -feldern, denn von dort kommt der Pilz immer wieder auf die Paradeiser!
- Paradeiserpflanzen-Reste nicht auf den Kompostplatz bringen, sondern getrennt vererden und diese Erde 7 Jahre lang nicht wieder für Nachtschattengewächse verwenden.
Alle Jahre wieder kommen ab Jänner die nagenden Zweifel: Lohnt das Tomaten-Anbauen im Permakultur-Hausgarten überhaupt die Mühe? Nach dem regelmäßigen Desaster, dem Zusammenbruch der Freilandkulturen in den täglichen tropischen Augustregen, sind die Zweifel unübersehbar geworden.
Und der Vorsatz wird immer dringlicher, rechtzeitig und regelmäßig die notwendigen Pflanzenstärkungsmittel anzuwenden. Nach dem Studium von „Gärtnern ohne Gift“ von Arthur Schnitzer weiß man, dass Magermilch, Magermilchmolke, Knoblauch- und Schachtelhalmtee die Pflanzen im Kampf gegen Phytophthora infestans, den Krautfäulepilz, unterstützen können.
Die regelmäßig solcherart gestärkten Tomatenpflanzen in Arthur Schnitzers Garten, meinem absoluten und unerreichbaren Vorbild auf diesem Gebiet, leben jedes Jahr um gut drei Wochen länger als meine – bei durchaus vergleichbaren Klimaverhältnissen.
Natürlich helfen auch andere Maßnahmen, die Pflanzen länger gesund zu halten: Vor Allem ausreichend Speis` und Trank, denn Tomatenpflanzen sind „Fresser und Säufer“. Bei uns erhalten sie deswegen halb verrotteten Kompost ins Pflanzloch, vergorene Brennnesseljauche im Frühsommer und regelmäßig sonnengewärmtes Gießwasser.
Eine dicke Mulchschicht aus Gras und Gejätetem ist auch hilfreich – den „erwünschten“ Pilzen im Mulch wird nachgesagt, dass sie die „unerwünschten“ konkurrenzieren würden.
Das Entfernen der Laubblätter fördert zwar die Notreife, schwächt die Pflanze aber insgesamt und setzt Verletzungen, in die die Sporen des Krautfäulepilzes – in der feuchten Luft heran schwebend – leicht eindringen können. Auch das Entgeizen hat denselben Nachteil – wenn auch das ein- und zweitriebige Ziehen von Tomatenpflanzen viele Vorteile hat, besonders im Gewächshaus und unter Folie. Aber: wenn entgeizen, dann immer rechtzeitig, damit die Verletzungsstelle klein ist.
Im Freiland ziehe ich es daher vor, die Pflanzen ungehindert wachsen zu lassen. Die Stäbe, auf die die Pflanzen aufgebunden werden, müssen allerdings stark sein und gut verankert werden. Am schonendsten ist, zum Aufbinden nicht Schnüre oder gar Drähte zu verwenden, sondern Stoffstreifen.
Elegant, verletzungsfrei und Arbeit sparend ist die Methode, die junge Pflanze mit einem Zylinder aus einem Stück Schafzaun zu umgeben. Im Innenraum des Zylinders kann sie sich ausbreiten, ihre Triebe durch die Zaundrähte schieben und hoch wachsen ohne umzufallen.
Ein Dach über dem Kopf der Tomaten ist allerdings durch nichts zu ersetzen, am besten ist ein Regendach aus durchsichtigem Kunststoff oder Glas. Die Seitenwände (außer der Wetterseite) sollen offen bleiben, damit das Häuschen luftig ist und sich kein Kondenswasser auf den Pflanzen niederschlägt. Auch Folientunnel sollen im Sommer offene Seitenwände haben. (Prinzip des „Regenschirm-Tunnels“)
Wenn kein Tomatenhaus gebaut werden kann, hilft vielleicht ein Dachvorsprung aus – oder der Anbau unter einem Obstbaum, innerhalb der Tropflinie. Dann bleibt den Pflanzen wenigstens die Taunässe erspart.
Wie lange eine Tomatenpflanze gesund bleibt, hat aber auch mit ihrer „frühesten Jugend“ zu tun:
Samen: Nur gut vergorene Samen, die von anhaftendem Fruchtfleisch befreit sind, das Krankheiten übertragen könnte, sind zu empfehlen.
Aussaaterde: Am besten hat sich bei uns reine Maulwurfserde bewährt. Keimtemperatur (in der Erde!) mindestens 15 Grad.
Wichtig sind rechtzeitiges Pikieren in reine Komposterde und unmittelbar nach dieser „schweren Operation“ die kleinen Pflänzchen vor der Umfallkrankheit (ein Pilz, der in der obersten Erdschicht lebt) durch Aufstreuen von Holzkohlepulver auf die Erde schützen, zB mit einem Salzstreuer.
Genug Platz und Licht im Glashaus/auf der Fensterbank und das Auspflanzen, bevor die Pflanzen durch Vergeilen geschwächt sind. Anders ausgedrückt: Später mit der Voranzucht zu beginnen, zB Mitte bis Ende März, ist meist sinnvoller. Dann gibt es schon mehr Licht und Wärme, die Pflanzen wachsen zügiger und sind zum Auspflanzen im Mai gerade richtig groß.
Zur Mischkultur auf dem Beet eignen sich neben Kräutern wie Basilikum, Kamille oder Ringelblumen besonders folgende Gemüse: Neuseeländer Spinat, Sellerie, Buschbohnen, Gurken und Kürbisse (aber Achtung, Kürbispflanzen benutzen die Tomatenstäbe gerne zum Hinaufklettern und können die Tomatenpflanzen dabei ganz erdrücken!). Die Tomatenpflanzen sollen genug Luft und Licht behalten, daher genug Abstand einplanen.
Tomatenfrüchte machen dann besonders viel Freude, wenn die Sorten so gewählt wurden, dass sie den tatsächlichen Wünschen ihrer Gärtner/innen entsprechen. In kulinarischer Hinsicht kennen wir kleine, süße Obsttomaten (heute meist Cocktail-Tomaten genannt), aromatische und nicht zu „flüssige“ Salattomaten, schnittfeste milde Fleischtomaten, süßsaure Safttomaten, dickwandige Marktomaten und hohle Tomaten zum Füllen, die im Schnittbild Paprikafrüchten ähneln.
Apropos Schnittbilder: Sie könnten unterschiedlicher nicht sein! Es macht immer wieder viel Freude, während der Zubereitung von Tomatengerichten die unterschiedlichen Formen der ein-, zwei, drei- bis mehrfach gekammerten Früchte zu betrachten und zu fotografieren. Dazu muss ich die Früchte quer und nicht wie gewohnt längs halbieren.
In Bezug auf den Wuchs unterscheiden wir Stab- und Buschtomaten, und hier jeweils frühe, mittlere und späte Sorten. Die späten werden im Freiland vielleicht gar nicht reif werden, erfreuen uns aber unter Glas und Folie sehr lange. Die letzten Früchte aus dem Glashaus ernten wir bis November/Dezember. Sie reifen im Warmen nach und werden dann im Keller kühl und dunkel gelagert. Als Tomatensalat und als gebratene Tomaten erfreuen sie uns oft bis zum Weihnachtsessen.
Am robustesten sind die Wildtomaten-Pflanzen, das sind urtümliche Stabtomaten mit sehr kleinen süßen Früchten, die zu den Obsttomaten gerechnet werden. Sie überstehen oft die hochsommerlichen Krautfäule-Attacken und wachsen im September wieder weiter.
Erfreulich ist allemal die Farben- und Formenvielfalt der geernteten Früchte. Da gibt es hellrote, karminrote, rosenrote, lilafarbene, dunkelbraune, schwarzgrüne, cremegelbe, goldgelbe, orangefarbene und…. gekerbte, kugelrunde, platte, eiförmige, birnenförmige, tonnenförmige und paprikaförmige Früchte. Für heimliches Naschen und bunte Salate.