von Marlies Ortner

 

Nach einem heißen und trockenen Sommer interessieren wir uns wieder für eine verbesserte Nutzung des Regenwassers auf unserem Grundstück.

Regenwasser ist im Allgemeinen sehr arm an Mineralstoffen, jedoch nicht ganz frei davon (wie destilliertes Wasser), da die Regentropfen sich um einen Kondensationskern (das sind winzige Staubteilchen) gebildet haben und auf ihrem Weg durch die Luft und auf dem Dach Stäube und Schmutz (z.B. Vogelkot, landwirtschaftliche und Industrieschadstoffe) aufnehmen können. Aufgefangenes Regen-wasser kann recht „sauber“ sein, besonders in ländlichen, dünn besiedelten Gebieten und nach längerem Regen, wenn die Luft und die Dachoberfläche schon gereinigt sind – oder auch recht verschmutzt, besonders der erste Teil des niedergehenden und aufgefangenen Regen- bzw. Dachwassers.

Leitungs-, Brunnen- und Quellwasser, aber auch die meisten Oberflächengewässer, sind wesentlich reicher an gelösten Mineralstoffen, die beim Durchfließen von Böden und Grundwasserleitern aufgenommen werden. Die Konzentration dieser Mineralstoffe, vor allem von Kalzium- und Magnesium-Salzen, wird bekanntlich in Härtegraden angegeben.
Man unterscheidet die Karbonathärte, die aus gelöstem Kalkstein (zB aus Kalzium- und Magnesium-(Hydrogen-)Karbonat) besteht, der die berühmten Kalkablagerungen in Rohren und Geräten verursacht; und die permanente Härte, die durch Chloride, Nitrate und Sulfate gebildet wird.
Trinkwasser, das aus Kalk- und Dolomit-Böden kommt, ist hart, hat also einen hohen Härtegrad, während Wasser aus Silikatböden weich ist und einen niedrigen Härtegrad aufweist. Während früher die Wasserhärte mit Deutschen Härtegraden bezeichnet wurde, verwendet man heute die Einheit Millimol Kalziumkarbonat/Liter (mmol//l):

  • (sehr) weich = weniger als 1,5 mmol = weniger als 8,4 Deutsche Härtegrade (dH)
  • mittel = 1,5-2,5 mmol = 8,4-14 Grad dH
  • hart = mehr als 2,5 mmol = mehr als 14 Grad dH

Die aktuelle Wasserhärte des eigenen Leitungswassers erfährt man beim Wasserwerk/Wasserversorgungsunternehmen.

Oberflächenwasser, das nur einen kurzen Weg durch und über Gesteine zurückgelegt hat, kann sehr weich sein, z.B. in Stauseen, während Wasser, das aus intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten stammt, durch den Einsatz von wasserlöslichem Kunstdünger, durch Verfaulen von Pflanzenmasse beim Tiefpflügen oder durch Kalkung sehr hart sein kann und einen hohen Nitratwert aufweist. Die Härte von Regenwasser liegt dagegen fast bei Null.

 

Was bedeutet das nun für die Verwendung von Regenwasser anstatt Brunnen- oder Leitungswasser bzw. Oberflächenwasser in Haushalt und Garten?

Regenwasser im Garten
Für das mehrmalige und längerfristige Gießen von Kulturpflanzen in Beeten und vor Allem in Töpfen ist Regenwasser zu bevorzugen, da mineralstoffreiches Wasser letztendlich die Böden versalzt: Während ein Teil des Gießwasser immer wieder aus dem Boden verdunstet, bleiben die Mineralsalze immer im Boden zurück, werden nicht zur Gänze von den Pflanzen aufgenommen und reichern sich daher über die Jahre an.
Den Beweis dafür liefern weltweit seit Jahrzehnten künstlich bewässerte Äcker und Obstanlagen, deren Böden bereits so versalzt und damit alkalisch sind, dass Pflanzenbau nicht mehr möglich ist.
Empfindliche Gemüsekulturen, vor allem tropischer Arten, schätzen es sehr, wenn das Regenwasser in einem Zwischenspeicher – im einfachsten Fall in der Gießkanne – vor der Anwendung durch die Sonne vorgewärmt wird.
Mulchschichten, hoher Humusgehalt und ggf. Schattierung helfen Gießwasser sparen.

 

Regenwasser im Haus
Mit Regenwasser gespülte WCs sind die größtmögliche Trinkwassereinsparung, die wir im Privathaushalt erreichen können – abgesehen von Komposttoiletten, die ganz ohne Wasserverwendung auskommen, und abgesehen von den technisch aufwändigen Spülsystemen mit Grauwasser.
Zur Mengenberechnung: Täglich verschwinden durchschnittlich 40 Liter Wasser pro Person in der Toilettenspülung.

Regenwasser ist sehr günstig zum Wäschewaschen von Hand oder mit der Maschine, weil es sehr weich ist und daher Wäsche und Maschine schont, Waschmittel spart und Enthärter überflüssig macht. Zur Mengenberechnung: Täglich braucht man pro Person und Tag durchschnittlich 15-25 Liter Wasser (je nach persönlichen Gewohnheiten und Waschmaschinenmodell) für die Wäschereinigung.

Nicht gereinigtes und ungefiltertes Regenwasser kann nicht ohne Vorbehalte zur Körperreinigung empfohlen werden, vor Allem nicht zum Duschen, da dabei eine gewisse Menge Wasser zerstäubt und eingeatmet wird. Duschwasser sollte daher Trinkwasserqualität haben. Auch für die Geschirr- und Obst-/Gemüsereinigung, insgesamt in der Küche, wünschen wir uns Wasser mit Trinkwasserqualität, insbesondere solches ohne krank machende Keime. Auch wenn gesunde Erwachsene durch verunreinigtes Regenwasser keinen Schaden erleiden, so kann man dies bei Kleinstkindern, alten und kranken Menschen mit noch nicht voll ausgebildetem bzw. geschwächtem Immunsystem nicht ausschließen.
Zur Mengenberechnung: durchschnittlich 60 Liter pro Tag und Person in Bad und Küche

Regenwasser als Trinkwasser? In Wüsten- und Steppengebieten, z.B. in großen Teilen Australiens, ist das die Norm. Das gesammelte und gespeicherte Dachwasser wird gefiltert, manchmal mit Mineralien angereichert und mangels anderer Möglichkeiten als Lebensmittel verwendet. Die Dachflächen werden oft genug gereinigt und die Speicherung des Wassers erfolgt in geschlossenen Tanks.
Bei uns sollte Trinkwasser hohen Gesundheitsstandards entsprechen. Es soll frei von krank machenden und von möglicherweise krank machenden Keimen sein, darf keine chemischen Verunreinigungen enthalten, muss geruch- und geschmacklos, farblos und durchsichtig und erfrischend kalt sein… Diese Standards – vor allem das Freisein von chronisch krank machenden Verunreinigungen – werden bei (wiederaufbereitetem, aus intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten oder aus Uferfiltrat stammendem) Leitungswasser heute oft nicht mehr erreicht. Für Regenwasser sind diese Standards im Wesentlichen nur dann erreichbar, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Reinluftgebiet
  • Verwerfen des ersten Regengusses
  • Häufige Reinigung der Dachflächen
  • Speichern: mit Feinfilter im Zulauf und zur Verhinderung von Algenwachstum und Verkeimung kühl, aber frostfrei in unterirdischen geschlossenen Tanks (Zisternen) aus lebensmittelechtem Edelstahl, Beton oder Kunststoff (z.B. Polyethylen PE)
  • Aufbereitung durch Filtersysteme, die chemische Verunreinigungen und Keime zurückhalten. Doch jedes Filtersystem ist bekanntlich nur so gut wie seine Wartung.

Abkochen ersetzt das Filtern nicht zur Gänze, da chemische Verunreinigungen und Bakterientoxine dabei nicht eliminiert werden.

Zur Mengenberechnung: 2-5 Liter pro Person und Tag zum Trinken und Kochen plus Filterbedarf.
Brauchwasser- und Trinkwasserleitungen sind streng zu trennen und zu kennzeichnen, damit Irrtümer und ein Vermischen des Wassers verlässlich unterbleiben.
Die geringe Mineralienkonzentration im getrunkenen Regenwasser spielt für die Ernährung offenbar keine große Rolle, da nach heutiger Ansicht auch mineralstoffreiches Wasser nur zum geringen Teil zur Versorgung des Organismus mit Mineralstoffen und Spüurenelementen beiträgt. Jede aufgenommene Flüssigkeit hat die Aufgabe, unsere an Mineralstoffen und Salzen reiche feste Nahrung zu verdünnen und die Ausscheidung der überschüssigen Salze zu ermöglichen, deswegen sind eher salzreiche Mineralwässer ernährungsphysiologisch problematisch.

 

Zum Abschluss einige Tipps für die Berechnung von Regenwasser-Ertrag und -Bedarf
Regenwasserbedarfsabschätzung pro Person und Jahr (Durchschnitt, Deutschland)

  • WC-Spülung 14400 Liter
  • Wäschereinigung 7000 Liter
  • Wohnungsreinigung 1900 Liter
  • Garten gießen 900 Liter
  • Geschirr reinigen 2900 Liter
  • Körperreinigung 16000 Liter
  • Kochen/Trinken 1400 Liter

In Summe durchschnittlich 46.400 Liter, davon für Garten+Waschmaschine+WC-Spülung durchschnittlich etwa 22.300 Liter.
(Natürlich verbraucht eine Person tatsächlich wesentlich mehr Wasser als sichtbar durch die Hauswasserleitung rinnt: das sogenannte graue Wasser, das bereits in den Produkten und Dienstleistungen steckt, die wir kaufen, ge- und verbrauchen, entsorgen (lassen) – für Erzeugung, Transport, Entsorgung dieser Produkte. Dieses graue Wasser für Kleidungsstücke, Fahrzeuge, elektronische Artikel, Lebensmittel, Brenn- und Treibstoffe stammt oft aus wasserärmeren Teilen der Welt.)

Regenwasserertrag pro Jahr
In die Waagrechte projizierte Dachfläche in m² x Abflussbeiwert x Niederschlag
(Die zu berechnende Dachfläche entspricht in etwa der Hausgrundfläche plus Dachvorsprüngen. Der Abflussbeiwert berücksichtigt die wasseraufsaugenden Eigenschaften des Oberflächenmaterials und beträgt z.B. bei glasierten Ziegeln 0,9. Der durchschnittliche jährliche Niederschlag ist den Niederschlagskarten zu entnehmen oder beim Meteorologischen Dienst/Amt zu erfragen, z.B. 1000 mm.
Rechenbeispiel: 100 m² x 0,9 x 1,0 m = 90 m³ = 90.000 Liter Regenwasserertrag pro Jahr.

Die benötigte Tankgröße errechnet sich aus Regenwasserbedarf und zu erwartender Dauer der Trockenperioden, z.B. 20 Tage: Tages-RW-Bedarf für … regenlose Speichertage für … Personen = Tankvolumen in Liter.
Rechenbeispiel: 60 Liter x 20 Tage x 4 Personen = 6000 Liter = 6 m³.
(Im Internet findet man auch „Online-Zisternenrechner“)

 

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