Ich trauere um mein Freund Bill Mollison.
Einen der bedeutendsten Vernetzer ökologischer Maßnahmen – die vom einzelnen Haus oder kleineren Siedlungen bis zur Planung ganzer Regionen reicht – lernten wir – meine Frau Margrit Kennedy und ich – 1981 kennen und brachten ihn bereits ein Jahr später von Australien nach Europa. Dieser Ansatz nennt sich „Permakultur“ (etwa „Dauer-Kultur“, aus der Zusammenfügung der englischen Worte permanent agriculture) und überträgt die Prinzipien geschlossener ökologischer Kreisläufe in der Natur auf die Planung menschlicher Siedlungen. Die Initialzündung dazu kam für uns durch Bill Mollison, den wir 1981, auf Anregung von Rudolf Doernach, nach Berlin eingeladen hatten. Bill Mollison hatte dieses ökologische Konzept in den 70er Jahren zusammen mit David Holmgren in Australien entwickelt und fand durch seine Vorträge seit den frühen 80-er Jahren weltweit immer mehr Anhänger dafür.

Nachdem wir etwa zehn Jahre (1982 – 1992) sehr eng mit Bill Mollison zusammengearbeitet hatten, begannen sich unsere Wege zwar in den frühen 90-er Jahren zu trennen, aber die Freude war groß, als wir uns Anfang  Juni 2005 in der historischen Stadt Motovun in Istrien, bei der 7. Internationalen Permakultur Tagung, wiedersehen konnten. Ich hatte zusammen mit einigen anderen TeilnehmerInnen der Tagung gerade Sepp Holzers Krameterhof in Österreich besucht und war mit ihnen über Ljubljana nach Istrien gekommen. Obwohl ich Bill nun seit fast 24 Jahre kannte und Sepp Holzer erst einen Tag, überraschten mich die Ähnlichkeit und gleichzeitig der Kontrast zwischen diesen beiden Männern. Ähnlich waren sich die „Agrar-Rebellen“ als kreative Praktiker, in ihrem „Gärtnern mit der Natur“, in ihrer scharfsinnigen Ruppigkeit, ihrer Erzählfreude und ihrem Charisma, Männer, die sich innovativ, weitsichtig und praktisch zugleich, solange den Problemen widmeten, die sie sahen, bis sie für ihr jeweiliges Klimagebiet dauerhafte ökologische Lösungen gefunden hatten. Der Kontrast bestand für mich in der Konzentration auf sein Projekt bei Holzer, der gerade 64 Jahre alt war, während Mollison trotz seines hohen Alters mit 78 noch immer dieselbe weltweite Offenheit besaß, mit der er sich über die Jahrzehnte, die wir uns kannten, immer wieder auf neue Projekte eingelassen hatte.

Ich möchte mich nun jedoch meiner Freundschaft mit Bill Mollison zuwenden, der mich – besonders am Anfang – ungemein großzügig an seinen Erfahrungen hat teilhaben lassen, einem Mann, der zum Freund und Lehrer wurde, einem unbequemen Visionär, der schon 1982 in Kanada bei einer der größten und erfolgreichsten Permakultur-Tagungen in Nordamerika den Leitsatz prägte: „Think globally – Act locally“.
Geboren 1928 in Australien, lebte er von seinem 15. bis 28. Lebensjahr allein im australischen Busch und arbeitete als Trapper, Holzfäller, Fischer und Bauer – oft zusammen oder in enger nachbarschaftlicher Beziehung zu den Aborigines – den australischen Ureinwohnern. Aus dieser Zeit hatte er eine Fülle von Geschichten, die alle, denen er sie erzählte, begeisterten. Von der Känguruh-Jagd, in der die Aborigines mit den Tieren Kontakt aufnahmen und ihnen ihre Wertschätzung zukommen ließen, wie auch die Notwendigkeit sie zu erlegen, bis sich ein Tier dem Jäger zu Füßen legte. Oder von der Geschichte mit den schwarzen Schwänen, die Bill beobachtete und die dann zu ihm kamen und sich im Kreis um ihn herumsetzten. Immer waren es Geschichten, die Mensch und Natur im tiefen Kontakt und Einklang miteinander zeigten, etwas, was in unserer westlichen Zivilisation kaum noch existiert.

Nachdem Bill herausfand, dass diese Zivilisation die Gebiete der Aborigines immer mehr zerstörte, begann er – um diese Entwicklung aufzuhalten – 1955 noch einmal zu studieren. Noch während seines Studiums wurde er zum Forscher und Lehrer und begann als Umweltaktivist sich aktiv in die Umweltpolitik seines Landes einzumischen. Er verhinderte Staudammprojekte , kämpfte für die Unterschutzstellung von Naturreservaten und trat auf der Seite der Aborigines für deren Rechte ein.
Als unverbesserlicher Optimist wollte er den Garten Eden wiederherstellen – für alle. Er versuchte darüber hinaus die Grundlagen für ein Konzept zu schaffen, welches nicht nur offen war für neue Informationen, sondern auch das Wissen über nachhaltige, ökologische Techniken aus allen Teilen der Welt integrieren konnte.
Während der Kampagne gegen den Staudamm am Franklin River in Tasmanien in den 70-er Jahre – er war damals Dozent an der Universität in Hobart – traf er seinen späteren Mitautor David Holmgren. Beide begannen darüber zu diskutieren, warum die Landwirtschaft der Aborigines die Zeiten überdauert hatte und warum die moderne Landwirtschaft nur eine relativ kurzfristige Mode-Erscheinung sein würde, darüber, was man von den Aborigines lernen könne und wir ihre Konzepte mit neuer Technologie und neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen sei. Sie begannen zu experimentieren, zu entwerfen und zu schreiben. Mit Hilfe des japanisch sprechenden Australiers Andrew Jeeves integrierten sie die Ideen von Masanobu Fukuoka (THE ONE STRAW REVOLUTION, 1975), sie übernahmen das Keyline-Konzept von Ken Yeomans (WATER FOR EVERY FARM, 1954) und F. H. Kings Beobachtungen der hochproduktiven landwirtschaftlichen Konzepte Asiens (aus FARMERS OF FORTY CENTURIES – PERMANENT AGRICULTURE IN CHINA, KOREA AND JAPAN, 1911). Daraus schufen sie das Konzept für eine dauerhafte Land-, Wasser- und Waldwirtschaft, welches sie „Permaculture“ nannten (Permanent Agriculture).

Da Permakultur kein Dogma ist oder feste Grenzen hat sondern eher eine Reihe von Grundprinzipien darstellt, die auf alles anwendbar sind, fand er immer wieder neue und weitere Mitstreiter wie das Architektenpaar Ian und Lecki Ord in Melbourne, der Ingenieur und Landwirt Max Lindegger (Designer von Chrystal Waters, Permaculture Village, Queensland), oder Sonja Wallman (mit ihrem produktiven Anlehngewächshaus in der Nähe von Boston, Massachussetts, USA) und viele andere Menschen in Australien, Europa und Nordamerika. Das Permakultur-Entwurfs-System hat er definiert, Teilbereiche integriert und Querverbindungen zwischen den separaten Wissenschaften und Fachgebieten der klassischen universitären Fachbereiche geschaffen.
Inzwischen (2016) haben sich Tausende unabhängiger Permakultur-Vereinigungen – in fast allen Sprachen – über die ganze Welt verbreitet. Jetzt – mehr als 40 Jahre später – dient es Menschen – die sich mit nachhaltiger Landwirtschaft, Wiederverwaldung, Bio-Architektur, Umweltbildung und regionaler Ökonomie auseinandersetzen und die ein iIntegratives Konzept dafür suchen. Bills Engagement und Enthusiasmus erweiterte kontinuierlich die fachübergreifende Qualität des Konzepts und machte Permakultur zu einem immer ganzheitlicheren System. Für mich ist die schönste Definition, die von Bill Mollison stammt: „Permakultur ist ein Tanz mit der Natur – in dem die Natur führt.“

Das erste Buch von Bill Mollison und David Holmgren PERMACULTURE ONE (1978) wurde schon bald danach durch Bills PERMACULTURE TWO (1979) ergänzt und beide hatten 1985 jeweils eine Auflage von über 100 000 Exemplaren. Die beiden Bücher sind auf meine Veranlassung in Deutsch, Portugiesisch, Französisch und Italienisch übersetzt worden und dort Anfang bis Mitte der 80-er Jahren erschienen. Sie basieren als Handbücher sehr stark auf den Erfahrungen in Tasmanien und sind für andere Klimazonen nur teilweise übertragbar. Spanische und französische Übersetzungen folgten später durch die Zusammenarbeit mit Emilia Hazelip, bald die bekannteste Permakulturlehrerin auf beiden Seiten der Pyrenäen.
Die Prinzipien sind jedoch so gut übertragbar und innovativ, dass sie bisweilen etablierte Konzepte der Land- und Forstwirtschaft, der Siedlungswasserwirtschaft, Stadtplanung und Architektur auf den Kopf stellten. Sie bauen auf den Erfahrungen im Entwurf ganzheitlicher Lebensweisen in verschiedenen Kulturen und Ländern auf und nehmen wenig Rücksicht auf moderne Rezepte oder Konventionen. Für uns und viele andere boten sie außerdem einen neuen Lebensstil.

Bei Bill Mollisons erstem Besuch in Deutschland, auf Einladung der Studenten des Fachbereichs Architektur und des British Council – die ich beide dafür gewinnen konnte seine Reise und sein Vortragshonorar zu finanzieren – sollte Bill Anfang Mai 1981 außer in Berlin auch Vorträge in verschiedenen Städten Westdeutschlands, organisiert von Rudolf Dörnach, halten. Durch außergewöhnliche Umstände wurden die restlichen Vorträge (Pershing-Stationierungs-Proteste in ganz Deutschland) abgesagt und Bill blieb eine ganze Woche – ja 10 Tage – bei uns in Berlin-Schlachtensee zu Gast. Er erzählte uns jeden Tag von morgens bis abends von seinen Projekten und Vorhaben in Australien. Und da wir beide das Thema „Ökologie“ – ich in der Universität – als Professor für Infrastruktur im Stadtbaubereich – und meine Frau Margrit im Rahmen ihrer Arbeit für die Internationale Bauausstellung (IBA) Berlin 1987 – als Hauptaufgabe betrachteten, hörten wir gespannt und aufmerksam zu. Unsere Fragen zeigten Bill, dass wir 1981 in Europa vor ganz ähnlichen Problemen standen. Vom Waldsterben bis zur Klimaveränderung, von der Vergiftung von Nahrungsmitteln bis zur Wasserverschwendung, alles was Australien betraf, war bei uns ebenso zu finden. Am wichtigsten aber war uns, dass wir mit ihm Lösungen diskutieren konnten, die leicht verändert auch bei uns funktionieren könnten.
Es war nicht nur lustig sondern auch erschreckend, wenn Bill Fakten und Details zur globalen ökologischen Situation nannte, die wir bis dahin nur sehr bruchstückhaft kannten. Doch seine ungewöhnlichen Lösungswege überzeugten uns beide. Er begann mit seinen Erklärungen um neun Uhr morgens und hörte um Mitternacht auf. Wir hatten so etwas wie einen konzentrierten privaten 72-stündigen Permakultur Design-Kurs – mit vielen praktischen Beispielen, Zeichnungen und Grafiken. Die Kosten waren bescheiden: 2 Packungen Zigaretten und eine Flasche irischen Whiskey pro Tag.
Wir begannen im 6 mal 12 Meter großen Garten und im Wald um den Schlachtensee Pflanzen zu beobachten, manchmal auszurupfen und in den Garten zu setzen. Margrit war Vegetarierin. Abends mussten wir mit Bill – der passionierter Fleischesser war – in ein Restaurant gehen um für ihn Lamm oder ein Steak zu bestellen. In der „Paris Bar“ in der Kantstraße in Berlin-Charlottenburg, wo er – wie immer – einen deutschen Wein bestellen wollte, und ihm der Kellner leicht indigniert sagte, dass sie nur französischen Wein servieren, bestellte er ein „Hardy Wallbanger“ (Orangensaft mit Wodka). Da musste selbst der Kellner lachen. Solche kulturellen Kontrast-Situationen liebte Bill und hat sie überall irgendwie erzeugt.
Mehrmals sind wir mit ihm nach Kreuzberg in die Sanierungsgebiete der Internationalen Bauausstellung gefahren, wo wir beide mit verschiedenen Gruppen in der Hausbesetzerszene arbeiteten. Obwohl er Städte generell nicht leiden und keinen guten Grund für ihr Überleben finden konnte, hatte er sofort kreative Lösungen für die Menschen bereit, die eine City-Farm aufbauen oder ihr Gemüse und ihre Kräuter selbst ziehen wollten (1981). Was Energiesparmaßnahmen und Grauwasserrecycling anbelangte, so waren in Kreuzberg einige interessante Modelle auch für ihn zu sehen und so wurde diese Zeit zum Anfang eines jahrelangen intensiven Austauschs von ökologischem Wissen über Ländergrenzen und Kontinente hinweg.

Anfang der 80er versuchte Bill ein Art „Permakultur-Bibel“ zu schreiben. Etwa die Hälfte seines DESIGNERS’ MANUALs (1988) ist brillant, besonders die Kapitel über Patterns (Muster) und Design (Entwurf). Es gibt kaum ein anderes Buch, das das „fächerhübergreifende Entwerfen für das Leben“ so gründlich behandelt. Andere Kapitel im Designers’ Manual lassen in ihrer Wissenschaftlichkeit manches zu wünschen übrig. Erst 2010 wurde es durch die Permakultur-Akademie im Alpenraum ins Deutsche übersetzt und verlegt.
Ein weiteres Buch: INTRODUCTION TO PERMACULTURE , welches Bill zusammen mit Reny Slay schrieb und welches von Andrew Jeeves illustriert wurde, ist 1991 erschienen und erklärt Permakultur zum ersten Mal in einer allgemein verständlichen Art und systematischen Betrachtungsweise. Es bietet auch praktische Erfahrungen vieler Permakultur-Aktivisten in Australien und anderen Ländern. Vor allem aber ist es das Ergebnis der Forschungsarbeiten von Bill Mollison und Reny Slay, die in den 1990-er Jahren mit dem australischen Permakultur-Institut nach New South Wales umgezogen waren und dort bei ihrer Arbeit von Marilyn Wade kräftig unterstützt wurden. Auch andere zahlreiche Helfer haben dort Experimente mit Pflanzen, Gebäuden und technischer Infrastruktur durchgeführt, während Bill auf Vortragsreisen in aller Welt unterwegs war.
Margrit und ich haben mithilfe vieler anderer Fachleute Permakultur Eins und Zwei in der zweiten Auflage editiert. Ein besonders gut gelungener Artikel mit farbigen Bildern ist in der Baseler Zeitung (Nr.40, S 10-15) 1984 erschienen und enthält das, was wir selbst im ökologischen Planen und Bauen entwickelt und was wir von Bill Mollison und David Holmgren dazu gelernt haben. Wir danken beiden noch immer für ihre Ideen, ihre Ausdauer und ihr Engagement.
Es waren Bill und Reny, welche den ersten Europäischen Permakultur Design-Kurs in Jagdschloss Glienicke mit mir als Assistenten im Sommer 1982 angeboten hatten. Weil er in Englisch stattfand waren 24 TeilnehmerInnen aus 7 Ländern Europas und 2 Interessenten aus Brasilien dabei. Antja – unsere damals 21-jährige Tochter – hat den Kurs nicht nur mitgemacht, sondern abends auch 2-stündige Repetitorien für die deutschen und österreichischen TeilnehmerInnen abgehalten. Es war für sie nicht einfach, den australisch/tasmanischen Akzent von Bills Englisch zu verstehen, besonders weil er die Hälfte der Zeit durch seine Tabakpfeife artikulierte.
Danach haben sich 7 TeilnehmerInnen dieses Kurses ein dreiviertel Jahr lang jeden Samstag getroffen und an den Entwurfskonzepten gearbeitet, sodass wir gemeinsam in Wetzhausen bei Schweinfurth den ersten in Deutsch abgehaltenen 2-wöchigen Permakultur Design-Kurs (PDC = Permaculture Design Course) veranstalten konnten.

Danach begann meine neue Karriere als „Mr. Permaculture Europe“ (Ost und West) die ich mit Mollisons’ voller Unterstützung antrat. Außer in Deutschland und Brasilien 1982, habe ich bis 1991 die ersten und/oder zwei Permakultur-Entwurfskurse in Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Russland, Schottland, der Schweiz, der Slovakei und Slovenien gelehrt. Diese Kurse wurden jeweils von Gaia Trust (Hildur & Ross Jackson, auch Schüler und Freude von Bill) in Dänemark unterstützt.
1993 konnten die Bücher von Bill Mollison FERMENTE und 1996 ein weiteres mit dem Titel TRAVEL IN DREAMS die Erfolge der ersten Bücher nicht wiederholen. Aber die internationale Permakultur-Bewegung ist inzwischen ständig gewachsen – ausgehend von den ersten Büchern und einem von vielen MitautorInnen überarbeiteten zwei- bis dreiwöchigen Design-Kurs. In Europa ist die Übertragung des Konzepts auf nördliche Klimazonen voll im Gange. Sie traf – zum Teil – auf scharfe Kritik von Wissenschaft und Praxis wegen ihrer ungewöhnlichen Thesen und Methoden.

Ich habe so viel von Bill Mollison gelernt und war so begeistert von der Permakultur-Vision, dass ich – ebenso wie viele andere, die in die 1980-er und frühen 1990-er Jahren mit dieser Vision in Kontakt gekommen waren – ein eigenes Permakultur-Projekt verwirklichen wollte. Deshalb haben wir unser Zuhause in Berlin und unsere beiden Stellen aufgegeben, ich meine Professur an der TU Berlin und Margrit ihre Stelle bei der Internationalen Bauausstellung, und haben uns ab1985 am Aufbau einer ökologischen Gemeinschaft in Niedersachsen beteiligt – dem Lebensgarten Steyerberg. Wir haben in dort in einer Siedlung, die 1939 erbaut worden ist, zwei Häuser renoviert und auf 2.6 ha Land in der Nähe eine ganze Reihe von Permakultur-Experimenten durchgeführt. Zeitweilig leitete ich das Permakultur-Institut für Europa im Lebensgarten. Bill Mollison war so begistert von den Lebensgarten-Ansätzen, dass er jeder Jahr mindestens einmal in Steyerberg vorbei gekommen ist – und das über 11 Jahre – und immer neue Impulse mitbrachte. Insgesamt hat das Denken in Permakultur-Kategorien inzwischen weite Kreise gezogen und ich bin froh und dankbar dafür, dass ich relativ früh 1981 mit diesem Konzept und Bill Mollison in Berührung gekommen bin, dass ich die Chance hatte, es mit zu verbreiten und für unsere Klimazonen zu erproben.
Während sich die Arbeit meiner Frau Margrit seit den späten 1980-er Jahren mehr und mehr auf die Einführung nachhaltiger Geldsysteme verlagert hat und sie mit ihrem Buch „Geld ohne Zinsen und Inflation“ inzwischen zu einer Galionsfigur der Geldreformbewegung geworden ist, war diese Arbeit sowohl für sie wie auch für Mollison und mich immer auch ein Teil unserer Umsetzung des Permakultur-Konzepts. Denn wie soll eine dauerhafte Kultur entstehen, wenn es kein dauerhaftes Geldsystem gibt? Gerade die letzten Jahre mit dem Crash auf den internationalen Finanzmärkten und in der Weltwirtschaft – der jetzt selbst die dringendsten ökologischen Probleme überschattet – zeigt, wie stark Ökonomie und Ökologie miteinander verwoben sind. In der Permakultur-„Bibel“ hat Bill auch ein Kapitel über das Geldsystem eingebaut, welches zum großen Teil auf Margrits Arbeit aufbaut.

Noch immer rauchte und trank er zu viel und wurde schließlich so krank, dass er ein paar Mal auf seinen Reisen zusammengebrochen ist – und trotzdem ist er 88 Jahre alt geworden. Es setzte ihm immer mehr zu, dass er mit ansehen musste, wie die ökologische Situation weltweit schlechter und schlechter wurde, und trotz der ständig wachsenden Permakultur-Bewegung an diesem generellen Trend nichts zu ändern war. Bill wurde eine zeitlang depressiv, was er aber ignorierte. Er fühlte sich von vielen Verbündeten verlassen in den letzten, weil sie kompromissbereiter waren als er. Danach hatte er sich aber erholt und seine scharfe kritische Haltung, die manchmal in Zynismus umzuschlagen droht, wiedergefunden. Zwischendurch konnte man ihn wieder in seiner ursprünglichen Lebensfreude erleben. In Istrien in Juni 2005 kam er zu Anfang mit seinen sarkastischen Witzen bei den jüngeren Leuten in der Permakultur-Bewegung, die ihn noch nicht kannten, nicht besonders gut an – aber mit seinen vielen Geschichten, Witzzen und lebendigen Diskussionsbeiträgen fand er bald seinen ihm gebührenden Platz als Mit-Gründer, Verbreiter und Großvater der Permakultur – dafür wurde er dann mehrere Tage von allen Anwesenden gefeiert. Er wird uns allen bitter fehlen.

Steyerberg, 25.09.2016